Therapeutisches Improtheater
Barbara Klehr
Tel.: 030 789 531 56
Mit am intensivsten finde ich die Momente, wenn Teilnehmende für sich entscheiden, eine Übung, die ihnen schwer fällt, zu wiederholen und bewusst eine andere Haltung zur Übung einzunehmen. Es ist jedesmal eine große Freude über das „sich getraut haben“ spürbar und es folgt quasi immer eine wichtige Erkenntnis auf diese Wiederholung mit anderer Haltung. Die Freude überträgt sich auch auf alle, die „Zeugen“ dieser Entscheidung und Handlung sein durften.
Besonders wirkungsvoll finde ich alle Übungen, in denen die Teilnehmenden ganz direkt und physisch spüren, ob sie mit sich und mit den Spielpartnern im Kontakt sein können. Zum Beispiel „Führen und Folgen mit Stäben“ oder „Platzwechsel durch Blicke mit anschließender Bestätigung durch Zunicken“. Und auch die Übungen, die jede*r für sich alleine durchführt, wie zum Beispiel „Raumlauf mit Körperwahrnehmung“ und „Raumlauf mit Wahrnehmen von Dingen im Raum“. Die Schulung der Wahrnehmung des eigenen Körpers und des Raums, in dem ich mich befinde, sind wichtige Voraussetzungen, um in Übungen, die eine hohe Konzentration erfordern, mit meinen geistigen Kräften überhaupt anwesend sein zu können. Wenn im Körper etwas ist, was nicht wahrgenommen wird, zieht das unweigerlich und unbewusst die Aufmerksamkeit vom eigentlichen Geschehen ab.
Improtheater begeistert mich seit über 25 Jahren und in dieser Zeit habe ich immer wieder neue Bereiche entdeckt, wo Impromethoden sinnvoll und effektiv eingesetzt werden können. Ich bin zutiefst von der Wirkung von Impromethoden für eine gelungene Kommunikation überzeugt. In allen Bereich der Persönlichkeitsentwicklung kann Improtheater mit jeweils unterschiedlichem Fokus die Teilnehmer*innen spielerisch unterstützen. In ganz unterschiedlichen Settings mit vielen Menschen, jungen und älteren habe ich Impromethoden genutzt. Die Übungen sind einfach und effektiv. Es fasziniert mich, dass beispielsweise durch die Übung „Wort für Wort Sätze“ schnell eine neue eindrucksvolle positive Erfahrung von spontaner Kommunikation entstehen kann. Als systemische Therapeutin sehe ich viele Gemeinsamkeiten zwischen Improtheater und einer systemischen Haltung und Arbeitsweise. In der systemischen Therapie geht es unter anderem darum, neue Sichtweise auf Interaktionsweisen anzuregen und zu erfahren. Dabei können Impro- Übungen unterstützen. Wenn wir einen neuen Basiskurs therapeutisches Improtheater starten, dann bin ich immer neugierig, was die Teilnehmer*innen für sich entdecken werden. Denn durch die Impro-Übungen und die begleitende Reflektion möchten wir ein Wiederentdecken von Kompetenzen und Ressourcen ermöglichen. Und genau darum geht es auch in der systemischen Therapie, der Fokus liegt auf der positiven neuen Erfahrung und einer Aufmerksamkeitslenkung auf vorhandene Fähigkeiten. Und natürlich fasziniert es mich, wie die Teilnehmer*innen sich mutig auf Neues einlassen und in den Impro-Übungen Schritt für Schritt Spontaneität ausprobieren. Diesen Prozess zu begleiten und zu beobachten, dabei zu sein, das begeistert mich am meisten.